Deutscher Tengwar Modus

Deutscher Tengwar Modus

2006 Christian Thalmann
www.cinga.ch


1. Einleitung
2. Allgemeines
3. Konsonanten
4. Vokale
5. Satzzeichen
6. Beispieltext
7. Links

1. Einleitung

Tengwar ist die wunderschöne kalligraphische Schrift, die JRR Tolkien für seine Elfen erfunden hat.  Dank ihrem logischen Aufbau und ihrem reichhaltigen Zeichenschatz eignet sie sich zur Darstellung von vielerlei Sprachen: Quenya, Sindarin, English, ja sogar die Schwarze Sprache von Mordor lassen sich damit darstellen.  

Weil jede Sprache wieder andere Ansprüche an eine Schrift stellt, gibt es für jede dieser Sprachen einen eigenen Tengwar-Modus. In diesem Dokument möchte ich meinen Modus für die Deutsche Sprache vorstellen. Gewiss ist es nicht der einzige seiner Art; was ihn jedoch von seinen Artgenossen auf dem Internet unterscheidet, sind seine Design-Ziele: Ästhetik und Einfachheit.

Wer sich der Tengwar bedient, um Deutsch zu schreiben, wünscht sich in erster Linie eine augenfällige, bezaubernde, fliessende Kalligrafie; in zweiter Linie sollte das Schreiben und Lesen einer solchen Inschrift nicht unnötig schwer fallen. Ich habe mich daher bewusst gegen einen Versuch entschieden, der versteckten Komplexität der Deutschen Phonemik akademisch gerecht zu werden, und folge vielmehr im Grossen und Ganzen dem gewohnten Schreibbild der Deutschen Sprache.
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2. Allgemeines

Die Elbenschrift umfasst ein reichhaltiges Sortiment an Buchstaben für Konsonanten, die sogenannten Tengwar (Einzahl Tengwa) und eine Handvoll Vokalzeichen (Tehtar, Einzahl Tehta), die wie Akzente auf die Tengwar gesetzt werden. Wo kein Konsonant zur Verfügung steht, bedient man sich eines Tengwa ohne eigenen Lautwert, des sogenannten Vokalträgers.

Es gibt nun zwei Möglichkeiten zur Auswahl:  Man kann die Vokale jeweils auf die vorhergehenden (CV) oder auf die nachfolgenden Konsonanten (VC) setzen. Die Tolkien'schen Modi für Englisch und Sindarin tun das Letztere, weil in diesen Sprachen die Mehrheit der Wörter auf einen Konsonanten enden. Im Englischen Modus wird zudem ein Punkt unter den letzten Konsonanten gesetzt, um ein stummes -e am Wortende anzuzeigen.

Auch im Deutschen enden die Wörter mehrheitlich auf einen Konsonanten oder ein -e, jedoch habe ich mich aus ästhetischen Gründen für einen CV Modus entschieden.  Einerseits kommt man mit dem untersetzten Punkt für -e oftmals in Bedrängnis, wenn auf Grund von anderen Symbolen (zB Verdoppelungszeichen) der Platz unter dem Konsonanten schon gefüllt ist; andererseits führt die VC Notation dazu, dass sich die Vokalzeichen oft am Ende des geschriebenen Wortes unschön ballen, anstatt sich gleichmässig über den Schriftzug zu verteilen. Schliesslich und endlich ist das -e im Deutschen ja auch keineswegs stumm, sondern ein vollwertiger Silbenkern, und sollte deshalb auch standesgemäss repräsentiert werden.
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3. Konsonanten

Die Hauptkonsonanten sind sehr logisch aufgebaut: Die Spalten bezeichnen den Artikulationsort im Mund, während die Zeilen die Artikulationsart anzeigen. Ich habe soweit möglich die Deutsche Notation für die Beschriftung der Phoneme der Deutschen Sprache verwendet. Für Phoneme, die in Lehnwörtern vorkommen können, habe ich den Lautwert im Internationalen Phonetischen Alphabet angegeben (in grau).

Konsonanten

Wie man leicht erkennt, gibt es zwei Buchstaben, mit denen man das r darstellt. Ich habe sie mit "-r" und "r-" bezeichnet. Nach Tolkiens Tradition benützt man das Erstere für r's, die am Silbenende (nach dem Vokal) stehen, das Letztere aber für solche am Silbenanfang (vor dem Vokal). Diese Unterscheidung ist im Deutschen phonemisch: Die r's in "Verein" und "bereit" klingen unterschiedlich (zumindest wenn man keinen Schweizer Akchzent hat ;-). Das liegt daran, dass das erste am Silbenende steht (Ver-ein), das zweite am Silbenanfang (be-reit).

Verein vs. bereit

Für das h gibt es ebenfalls zwei Buchstaben. Tolkien benützt konsequent den Buchstaben, der wie ein kleines Lamda aussieht. Ich möchte aber von dessen Verwendung abraten, weil er sich sehr schlecht dazu eignet, Vokalzeichen zu tragen. Stattdessen schlage ich vor, den freien Buchstaben in der Spalte der "gutturalen" Laute und der Zeile der Semikonsonanten zu verwenden.
Hase
Achtung: Der Buchstabe h der Elbenschrift sollte nicht verwendet werden, um Vokallänge anzuzeigen (zB in "fahren"). Dafür gibt es, wenn überhaupt, den sogenannten langen Vokalträger (siehe nächstes Kapitel 4). Ebenso verkneife man es sich, fossile h's wie in Rhythmus, Philosoph oder Thron in die Elbenschrift übertragen zu wollen, und schreibe lieber rütmus, filosof, tron.

3.1. Sonderzeichen

Es gibt zwei Sonderzeichen, die den Wert eines Konsonanten ändern können. Eine flache Tilde unter einem Konsonanten (zB t, b) bedeutet Verdoppelung (tt, bb); eine flache Tilde über dem Konsonanten, aber unterhalb der Vokale, steht für Pränasalisierung (nt, mb). Naheliegenderweise gilt ck einfach als verdoppeltes k. Wer will, kann analog tz als die Verdoppelung von z ansehen.
Tilden
Weil es schwierig ist, auf dem Computer eine schöne Tilde unter die Konsonanten l, r, s zu setzen, widme ich den Kombinationen ll, rr, ss spezielle Buchstaben. In Tolkien's Original-Modi stehen sie für ld, rd, ss.
Ligaturen
Aus strenger linguistischer Sicht könnte man argumentieren, dass sich die Wörter "Hüte" und "Hütte" phonemisch nicht etwa in der Länge der Konsonanten, sondern der Vokale unterscheiden. Sollte man daher Doppelkonsonanten vermeiden und in der Elbenschrift lieber "Hüüte" für Hüte und "Hüte" für Hütte schreiben? Ich habe mich aus zwei Gründen dagegen entschieden. Zum Einen sind sich Schreiber wie Leser der Deutschen Sprache die traditionelle Schreibweise gewohnt; es kostet also beide einen Mehraufwand mit fraglichem Nutzen, die Wörter erst in phonemische Transkription zu übersetzen. Des Weiteren bietet die Elbenschrift eine einfache und ästhetische Art, Konsonanten zu verdoppeln, während die Dehnung von Vokalen durch Tehta-Verdoppelung oder den langen Vokalträger im Vergleich geradezu unansehnlich ist.

Tipp: Es ist unfein, die Verdoppelungs- und Pränasalisierungszeichen dort zu verwenden, wo sie die Grenze zwischen den sinntragenden Bestandteilen eines zusammengesetzten Wortes überschreiten würden. So soll man sehr wohl das pp in "schmallippig" als ein p mit der Verdoppelungstilde wiedergeben; die l's jedoch sollten hier mit zwei einzelnen l-Buchstaben geschrieben werden, da sie den zwei unterschiedlichen Morphemen "schmal" und "Lippe" angehören. Dies fördert die Lesbarkeit. Wem solcherlei Details zu akademisch sind, der ignoriere diese Regel getrost.

4. Vokale

Für die Deutsche Sprache genügen die fünf Standard-Vokalzeichen, die Tolkien schon für Quenya verwendet hat. Natürlich könnte man für die Umlaute ä, ö, ü und für das Ypsilon zusätzliche Akzente erfinden; diese am Computer zu schreiben wäre aber deutlich umständlicher, und auf Grund der Ähnlichkeit der Akzente würde die Lesbarkeit leiden. Ich empfehle, die Umlaute einfach als Diphthonge ai oi ui zu schreiben. Das Ypsilon kann dann je nach Geschmack als i oder ui wiedergegeben werden.
Vokale
Der kurze Vokalträger wird, wie in der Einleitung erwähnt, dann eingesetzt, wenn kein Konsonant zur Verfügung steht, der das Vokalzeichen tragen könnte (zB am Wortanfang). 
Träger
Der lange Vokalträger dient dazu, einen Vokal als lange zu markieren. Lange Vokale sollte man also nicht wie in der Deutschen Rechtschreibung mit -h, durch Verdoppelung oder mit ie schreiben, sondern wenn schon auf einen solchen langen Vokalträger setzen.

Die Benützung dieser langen Vokalträger ist aus meiner Sicht nicht zwingend — schlisslich verstet man einen Text auch one di ausfürliche Bezeichnung der der Vokallänge, und das Schriftbild wird kompakter und fliessender. Ich empfehle, den langen Vokalträger nur dort einzusetzen, wo sowieso ein Vokalträger vonnöten ist, und anderswo keine Unterscheidung zu machen.

Das folgende Beispiel erläutert drei Möglichkeiten, das Wort "Abendmahl" zu setzen. Im Beispiel (1) sind keine Vokallängen schriftlich festgehalten; das Wort ist trotzdem problemlos lesbar, und das Schriftbild ist angenehm sauber. Da das a am Wortanfang die Benützung eines Vokalträgers erzwingt, kann man die Gelegenheit nutzen, die Länge des a's durch die Wahl des langen Vokalträgers zu unterstreichen (2). In (3) schliesslich sind beide gedehnten a's mit langen Vokalträgern markiert — gewiss auch eine sinnvolle Schreibweise, die jedoch das Schriftbild mit einer Vielzahl von "Pfählen" durchsetzt und somit meines Erachtens auf Kosten der Ästhetik geht.

5. Satzzeichen

Mit Satzzeichen ist Tengwar leider nicht allzu reichlich gesegnet. Glücklicherweise bietet die Schrift Tengwar Parmaite eine Vielzahl von Symbolen, die sich für diesen Zweck eignen. Hier sind Tolkien's originale Punktuation und meine eigenen Vorschläge:
Satzzeichen
Wer dem Text gerne eine mittelalterliche Note verleihen will, kann den einzelnen, zentrierten Punkt auch anstelle des Abstandes zwischen Wörtern verwenden:
Mittelalter...
Die oben vorgeschlagenen Zeichen für das Satzende eignen sich im Gegensatz zum Punkt der Lateinischen Schrift nicht, um Abkürzungen zu markieren. Hier bietet es sich an, einen Punkt unter die Tengwar zu setzen. Als spezielles Kürzel für die überaus häufigen Wörter "und" und "ich" könnte man überdies dieTengwar -u und -i verwenden, die sonst nicht ohne Tehtar auftreten. Solcherlei Spielereien sind natürlich vollkommen fakultativ.

Abkürzungen

6. Beispieltext

Hier noch ein kleines Anschauungsbeispiel zum Deutschen Tengwar Modus. Es eignet sich zB auch hervorragend als Übung zum Selbstübersetzen...

7. Links

http://at.mansbjorkman.net/  Die überaus schöne und praktische Tengwar-Computerschrift "Tengwar Parmaite" von Måns Björkman, die ich im vorliegenden Dokument ausgiebig verwendet habe, ist unter diesem Link erhältlich. Ebenfalls dort gibt es Informationen über weitere Tengwar-Moden, kalligrafische Varianten des Schriftbilds, und vertikale Schreibstile. Sehr empfehlenswert.

http://www-ang.kfunigraz.ac.at/~katzer/tengwar.html  Eine sehr ausführliche deutschsprachige Webseite über die Tengwar-Schrift, mit vielen Beispielen.

2006 Christian Thalmann
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